Das Kirchheimer Schützenwesen in alter und neuer Zeit
Die Anfänge des Kirchheimer Schützenwesens gehen in die Zeit des Rittertums zurück. Durch die Jahrhunderte hindurch hatte die einstige Kirchheimer Schützengesellschaft eine wechselvolle Geschichte, bis sie Ende des 19. Jahrhunderts auf wenige Mitglieder zusammen geschmolzen war und den Schießbetrieb eingestellt hat. Trotzdem hielten die wenigen verbliebenen Schützen weiterhin die Tradition hoch, und erst Anfang der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts hörte die Schützengesellschaft ganz auf. 1909 wurde der Schützengeist aufs Neue lebendig durch die Gründung der Zimmerschützengesellschaft Kirchheim, und 1927 erfolgte die Gründung der Schützengilde 1488 Kirchheim e. V. Nach dem 2. Weltkrieg wurden alle Schützenvereine verboten, und als sie wieder zugelassen waren, bestand keine Möglichkeit, die frühere Schützengilde wieder aufleben zu lassen, dagegen formierte sich die Zimmerschützengesellschaft 1909 im Jahre 1954 neu und übernahm gewissermaßen die Tradition des einstigen Kirchheimer Schützenwesens. Ihr 100jähriges Bestehen nehmen wir zum An, im Nachstehenden einen Überblick über das Kirchheimer Schützenwesen in alter und neuer Zeit zu geben.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte die Stadt Kirchheim ihren Armbruster, der, in städtischen Diensten stehend, den Schützen ihre Armbrust fertigte und der alljährlich eine neue Armbrust in das städtische Areal zu liefern hatte. Er bezog dafür ein festes Einkommen nebst freiem Wohnsitz auf dem Turm des Lindacher (früher Unteren) Tors und zählte zu den Männern von hohem Rang und Ansehen. In die Zeit seiner Tätigkeit fällt das erste urkundlich nachweisbare Schützenfest in Kirchheim vom Jahre 1488. Voraussetzung war, dass die Schützenbrüderschaft über ein Schützenhaus verfügte. Dieses stand damals in der Armbruststraße, heute Hindenburgstraße, dort wo jetzt die Zionskapelle steht. Überliefert sind auch Austragungen von Armbrust- und Büchsenschießen in Kirchheim, sowie auch eine Teilnahme an einem Schießwettkampf der Kirchheimer Schützen 1584 in Nürnberg. Die Teilnehmer kamen dabei aus ganz Süddeutschland und sogar aus Meran.
Am reichlichsten fließen die Quellen über das Kirchheimer Schützenwesen im 16. Jahrhundert bis zum Beginn des 30jährigen Krieges. Mit Verwunderung, wir können fast sagen mit Neid, nehmen wir vom Mitgliederstand der damaligen Schützengesellschaft Kenntnis: Es sind u. a. nachgewiesen in den Jahren 1524: 67 Schützen, 1568: 189, 1584: 390, 1595: 418, 1605: 428, 1620: 569. Es sind dies fast unwahrscheinlich hohe Zahlen, aber immerhin lassen sie darauf schließen, dass bei den Schützen reges Leben pulsierte, was auch aus den Erfolgen der Kirchheimer Schützen bei auswärtigen Preisschießen hervorgeht.
Nach dem 30jährigen Krieg teilte die Kirchheimer Schützengesellschaft das Los mit den übrigen Schützengilden des Landes. Die Regierung griff immer mehr in die eigenen Angelegenheiten der Gilden ein und nahm ihnen nach und nach ihre Selbständigkeit. Schon seit 1756 war der Schießplatz nicht mehr zu Schießübungen benützt worden, weil die Regierung das „Öffentliche und Private Schießen“ ohne oberamtliche Genehmigung verboten hatte. 1794 wurden die Schießübungen von Amts wegen wieder angeordnet. Aber der Schießbetrieb konnte nicht wieder aufgenommen werden, da die Schießstätte inzwischen von einem gewerblichen Unternehmen zur Tuchbleicherei benutzt worden und die Schießanlage verfallen war. Wohl wurde 1801 den Schützen das Recht zur Benutzung des Schießhauses aufs Neue bestätigt, aber da kam 1809 unter der Regierung Friedrichs I. die allgemeine Volksentwaffnung. Diese Verordnung wurde jedoch 1817 wieder aufgehoben, und die Reihen der Schützen schlossen sich langsam wieder. Ihnen fehlte aber ein Schützenheim, da das Gelände vor dem Schießhaus auf der Bleiche, rechts von der Dettinger Straße, wie schon angedeutet, überbaut worden war und die Stadt das Schießhaus ohne Genehmigung der Gesellschaft verkauft hatte. Verständlich, dass die Schützengesellschaft ihre alt verbrieften Rechte geltend machte und dass es zum Streit kam zwischen ihr und der Stadt. 1824 kam es zu einem Vergleich, in dem sich die Stadt verpflichtete, auf der Bleiche den zum Bau eines neuen Schießhauses erforderlichen Platz unentgeltlich abzutreten und außerdem zum Bau einiges beizusteuern. Trotz des Vergleichs unterblieb die Erbauung eines neuen Schießhauses längere Zeit da offenbar auch die Frage auf Verlegung der Schießstätte auf den Ziegelwasen eine Rolle spielte und viel erörtert wurde. Der Plan der Verlegung wurde aber schließlich nach vielem Hin und Her nicht realisiert, und so blieb nichts anderes übrig, als das Schießhaus wieder auf dem früheren Platz zu erstellen. 1834 wurde der Bau beschlossen, 1836 erhielt die Schützengesellschaft die Baulizenz und der Bau muss ziemlich rasch vorangegangen sein, denn schon am 11. Juni 1836 konnte das Richtfest gefeiert werden, bei dem unter Beteiligung der Schützen aus Stadt und Land der Zimmermeister Kuli ein launiges Gedicht vortrug und Schützenmeister Kübel in schwungvollen patriotischen Versen das neue Bauwerk feierte.
Nachdem nunmehr wieder eine Schießstätte zur Verfügung stand, ging die Schützengesellschaft einer neuen Blütezeit entgegen. Aus allen Berufen fand man sich zusammen; begüterte und solche, die mit irdischen Glücksgütern wenig gesegnet waren, trafen sich am Schützenstand; und wenn man die Namen derer durchsieht, die im 19. Jahrhundert der Schützengesellschaft treue Mitglieder waren, so vermisst man dabei kaum eine Persönlichkeit, die nicht gleichzeitig auch im öffentlichen Leben der Stadt eine Rolle gespielt hat. Es entwickelte sich ein reger Schießbetrieb, und die Freiheitsbewegung 1848/49 brachte der Schützengesellschaft einen starken Zuwachs an Mitgliedern. Die Schützen traten in die Reihen der neu gegründeten Bürgerwehr ein, der das Schießhaus zu Schießübungen eingeräumt wurde. Als die Mitglieder des Turnvereins sich auch im Schießen üben wollten, stand ihnen das Schießhaus ebenfalls zur Verfügung. Überall, wo es galt, dem Gemeinwohl zu dienen, waren die Schützenbrüder dabei, ihre Kraft in den Dienst der guten Sache zu stellen, u. a. boten sie sich auch der Feuerwehr als Wachmannschaft an.
Von 1897 konnte das Schießen der alten Schützengesellschaft nicht mehr betätigt werden, weil das Schießhaus baufällig geworden war. Aus dem alten, noch vorhandenen Protokollbuch der Schützengesellschaft ist zu ersehen, dass 1897 beschlossen wurde, das Schießhaus an Fabrikant Muser zum Preis von 40 Mark jährlich zu verpachten. 1899 wurde beschlossen, das Schießhaus an die Stadtgemeinde zum Preis von 400 DM zu verkaufen. Vermutlich ist dieser Verkauf nicht realisiert worden.
Aber auch im 20. Jahrhundert regte sich bald wieder der Schützengeist, und es kam nicht nur in der Stadt, sondern auch in den Bezirksorten zur Gründung von Schützenvereinen.
Die Zimmerschützengesellschaft wurde 1909 gegründet und aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Initiative von Ernst Nißler, der 1907 nach Kirchheim kam und auch im Turnverein eine wesentliche Rolle spielte. Er war sicher auch der erste Vorstand. Die heutige Zimmerschützengesellschaft ist aber zunächst mit einem anderen Namen gegründet worden und hieß zuerst Schützenklub „Vorstadt“, der ursprünglich in der einstigen Wirtschaft „Zum Deutschen Kaiser“ in der Dettinger Straße 66 seine Schießübungen abgehalten hat. Leider sind aus der Zeit von 1909 bis zum Zweiten Weltkrieg keinerlei schriftliche Unterlagen mehr vorhanden, und die alten Schützen sind leider alle nicht mehr am Leben, von denen man noch etwas Näheres über die Anfänge der Schützengesellschaft hätte erfahren können. So war man darauf angewiesen, bei älteren Herrschaften zu recherchieren, die nach dem Ersten Weltkrieg bei den damaligen Schützen aktiv waren. Immerhin hatte einer der alten Schützen, Alfred Fuchs, noch eine Mitgliedskarte mit Statuten aufgehoben, aus denen hervorgeht, dass der ursprüngliche Schützenklub „Vorstadt“ seinen Namen geändert hat in Schützengesellschaft Kirchheim unter Teck. In den Statuten wird u. a. gesagt, dass „der Zweck des Klubs ist, das Schießen zu pflegen sowie auch in ungezwungener Weise einen Teil der freien Zeit in gemütlicher Unterhaltung angenehmer auszufüllen“. Weiter heißt es in den Statuten: „Geschossen wird vom 1. Oktober bis 30. April abends von 8 bis 10 Uhr und vom 1. Mai bis 30. September von 8.30 bis 10.30 Uhr. Jedes Mitglied bezahlt eine Aufnahmegebühr von 2 Mark und einen Monatsbeitrag von 50 Pfennig. Für einen dem Zeiger oder sonstigem Mitglied durch Verschulden des Schützen zugestoßenen Unfall ist der betreffende Schütze haftbar, nicht aber der Klub“. Schließlich wird am Schluss auch noch festgestellt: „Während dem Schießen sollte eine zu große Diskussion nicht stattfinden“.
Im März 1913 entschlossen sich die Vereine rund um die Teck den Zimmerschützenverband Teck zu gründen, beteiligt waren außer den Kirchheimer Schützen noch die Vereine Brucken, Owen, Dettingen, Bissingen und Holzmaden.
Aus spärlichen Zeitungsnotizen von 1910, 1913 und 1920 geht hervor, dass der Schützen Klub „Vorstadt“ eine gelungene Weihnachtsfeier verbunden mit Gabenverlosung im „Deutschen Kaiser“ abgehalten hat, dass 1913 ein größeres öffentliches Preisschießen stattfand, für das schöne und wertvolle Ehrengaben zur Verfügung standen. 1920 war zu lesen, dass die Schützengesellschaft (inzwischen hatte sie also ihren Namen geändert) ein „Eröffnungsschießen, verbunden mit Schießen auf künstlerisch ausgeführte Ehrenscheiben“ ankündigte, für das auch ein Bolzen-Schießstand eingerichtet worden war. Einige dieser Ehrenscheiben im Schützenhaus zeugen heute noch von dieser Zeit. Geschossen wurde damals, wie schon erwähnt, im „Deutschen Kaiser“. Die dortige Schießbahn war aber wohl zu kurz und zu wenig geräumig, weshalb die Schützengesellschaft in den „Fuchsen“ übergesiedelt ist. Dies kann aber erst nach 1928 gewesen sein, da in dem genannten Jahr der „Fuchsen“ baulich vergrößert und mit einer neuen Kegelbahn versehen wurde. In der Zeit des Ersten Weltkriegs hörte der Schießbetrieb auf, weil die Schützen zum größten Teil im Feld waren und vermutlich wurden erst im Jahre 1920 die regelmäßigen Übungsabende wieder aufgenommen. Von da an entfaltete sich wieder ein reges Schützenleben. Die Schützen beteiligten sich sehr eifrig an auswärtigen Schießen der Nachbarvereine. Dass auch die Geselligkeit stark gepflegt wurde, das beweisen noch verschiedene vorhandene alte Fotografien, leider ohne Angabe der Jahreszahl, von Ausflügen der Schützen mit ihren Frauen und Kindern.
Bis 1939, dem ersten Kriegsjahr des zweiten Weltkrieges, wurden Übungsschießen abgehalten. Vermutlich hörte in den Kriegsjahren das Schießen wieder auf, und als der Krieg zu Ende war, wurden neben anderen Vereinen, auch die die Schützenvereine verboten und Haus- und Grundbesitz sowie Kassenbestände beschlagnahmt.
Als sich die Verhältnisse wieder einigermaßen normalisiert hatten, gingen auch die Schützen daran, die Schützengesellschaft wieder neu aufleben zu lassen. Nachdem auf Einladung des früheren Vorstandes Ernst Nißler im Mai 1953 eine erste Zusammenkunft im „Deutschen Haus“ abgehalten worden war, in der über die Wiederaufnahme des Schießbetriebes im Saal des Deutschen Hauses debattiert wurde, fand am 16. Februar 1954 eine konstituierende Versammlung statt, bei der Ernst Nißler zum Ehrenvorstand ernannt und ein neuer Vorstand gewählt wurde. Es wurden gewählt: Karl Ramsperger als Vorsitzender, Alexander Orth als stellvertretender Vorsitzender, Ernst Schwarz als Kassier, Eberhard Schwarz als Schriftführer, Otto Philipp als Schützenmeister, Eugen Fritz und Eugen Brenz als Beisitzer.
Der Schießbetrieb wurde anfänglich mit ca. zehn Mitgliedern auf drei Schießständen durchgeführt, die von Eugen Brenz gestiftet wurden. An Gewehren konnte der Verein sein Eigen nennen: zwei Zimmerstutzen, einen Karabiner, zwei Luftgewehre. Die meisten Mitglieder legten sich jedoch bald ein eigenes Luftgewehr zu. Geschossen wurde im Deutschen Haus. Der Kassenbestand betrug damals 164,05 DM.
Im Sommer 1955 und 1956 wurden zur Aufbesserung der Kasse auf dem Sportplatz des TSV 1861 Kirchheim unter Teck öffentliche Preisschießen abgehalten, die bei gutem Wetter jeweils ein voller Erfolg waren.
An gleicher Stätte fand zu dieser Zeit auch eine Kreismeisterschaft in Kirchheim statt.
Unter der tatkräftigen Leitung von Oberschützenmeister Karl Ramsperger wurde die Kameradschaft und der Schießsport gepflegt und gefördert, und als im Jahre 1959 Fritz Schur die Vereinsführung übernahm, zählte die Zimmerschützengesellschaft 36 Mitglieder.
Alle Bemühungen um einen Platz zum Bau eines Schützenhauses und einer KK-Anlage blieben ohne Erfolg. Zum KK-Schießen muss somit bis heute auf auswärtige Anlagen ausgewichen werden. Seit Juni 1962 hat der Verein jedoch im städtischem Gebäude Wollmarktstraße 32 eine Bleibe. In dankenswerter Weise hat die Stadt die frühere Schlosserwerkstatt mit Schmiede der früheren Kreisberufsschule im Freihofareal den Schützen zur Verfügung gestellt. Die Räume wurden vom Verein zu einem Schieß- und Aufenthaltsraum ausgebaut.
In den folgenden Jahren 1981, 1993/94, 2001 und 2004 wurde dann fleißig weiterrenoviert und so entstand ein familiäres Schützenhaus mit 8 modernst ausgerüsteten Luftdruckständen.
Alleine im Jahr 1993/94 wurden über 1250 Arbeitsstunden geleistet und 16.000,- DM Materialkosten verbaut.
Nicht zu vergessen sind jedoch auch die Instandsetzungen der Außenfassade am Gebäude, welche durch die Stadt Kirchheim vorgenommen wurden.
Gesellschaftliche Highlights der Schützengesellschaft sind nach wie vor die im 2-jährigem Rhythmus stattfindenden Ernst-Nißler-Gedächtnisschießen mit großer Beteiligung der Kirchheimer Organisationen, Sport- und Kulturvereinen. Gerne erinnert man sich auch an die durchgeführten Gemeinderatsschießen in den Jahren 1968, 1975 und 1984, wobei dem damaligem Oberbürgermeister Kröning 1968 der Meisterschuss auf die Ehrenscheibe gelang.
Eine besondere Herausforderung ist stets auch die turnusmäßige Vorbereitung und Ausrichtung des „Ball des Sports“ für den Stadtverband für Leibesübungen, zusammen mit dem TSV Nabern und dem Alpenverein.
Gerne erinnern sich die Mitglieder an die 1998 durchgeführte Bannerweihe des Schützenkreises Gau Teck mit einem großen Fahnenumzug durch die Kirchheimer Innenstadt, wobei auch hier die Schützengesellschaft der Ausrichter war.
Auf acht Ständen herrscht in dem Schießraum während der Übungsabende reger Betrieb, während im Aufenthaltsraum schon manche unterhaltsame Stunde verbracht wurde.
Bei den Wettkämpfen der Kreisliga und Kreis-Oberliga gehen für die SGes Kirchheim 2 Luftgewehr-, 1 Standardgewehr-, 1 Luftpistolen- und 1 Sport Pistolenmannschaft an den Start.
Große Erfolge hat sie vor allem in der Jugendarbeit, was sich hier auch in zahlreichen Spitzenleistungen zeigt.
Wir hoffen, dass auch in Zukunft die Schützengesellschaft 1909 e. V. zur Bereicherung des Vereinslebens im Schützenkreis „Gau Teck“, im Bezirk „Neckar“ und vor allem in Kirchheim und Umfeld beiträgt.